2010

Prof. Dr. Karlheinz Thimm / Marius Bothe

Veröffentlichung:

Der Abschlussbericht ist verfügbar unter http://www.perspektive-berufsabschluss.de

Auftraggeber

SPI Consult GmbH Berlin

Bearbeiter/innen

Dr. Karlheinz Thimm und Marius Bothe (Diplomand)

Aufgabe

Gegenstand der Expertise waren folgende Fragen:

1. Wer leistet im Kontext der allgemeinbildenden Schule in der Sekundarstufe I Elternarbeit zum Thema des Übergangs der Schülerinnen und Schüler in Ausbildung / Beruf?
2. Welche Ziele / Aufgaben werden verfolgt und auf welches Instrumentarium wird zurückgegriffen?
3. Welche Kooperationsstrukturen zwischen Schule und externen Kooperationspartnern sind in Anwendung und welche sind Erfolg versprechend sowie transfergeeignet?
4. Welche Handlungsempfehlungen für Elternarbeit im Zusammenhang vom Übergang von Schule zu Beruf lassen sich ableiten?

Methoden

Das Untersuchungsdesign sah eine schriftliche und eine mündliche Befragung an Schulen und bei Kooperationspartnern vor. Die Untersuchungsinstrumente wurden in Abstimmung zwischen Auftraggeber und dem Auftragnehmer entwickelt. Um eine möglichst große Menge statistisch auswertbarer Daten zu erhalten, wurde für die vom Auftraggeber ausgewählten Befragtengruppen jeweils ein eigener Fragebogen entwickelt. Die Befragtengruppen waren zum einen Lehrkräfte / Schulleitungen und Schulsozialarbeiter/-innen, die berufsorientierende Angebote an unterschiedlichen Schulformen umsetzen. Zum anderen wurden Akteure von Bildungsträgern, Projekten, Vereinen, freien Trägern befragt, die bei der Umsetzung der Angebote kooperativ mit den Schulen zusammenarbeiten. Insgesamt wurden 40 Schulen und 37 Kooperationspartner mit der Bitte um Teilnahme an der Befragung angeschrieben. Der Rücklauf bei der schriftlichen Befragung (mit einer Erinnerungsaktion) von 25% (befragte Schulen) bzw. 35% (befragte Kooperationspartner) ist als mäßig zufriedenstellend einzustufen. Repräsentative Ansprüche können auf Grund der geringen Zahl nicht erhoben werden.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

1. Folgende Angebote werden häufig unterbreitet:

Thematische Elternabende; Infoveranstaltungen für die Eltern; Verteilung von schriftlichen Informationen; punktuelle Einzelberatung von Eltern. Wenig vertreten sind: Initiierung von Elternaustausch; Vorstellungen der Berufe durch die Eltern; Besuche von Eltern an ihrem Arbeitsplatz; Einbeziehung der Eltern in die Konzeptentwicklung; Werkprojekte von/mit Eltern in der Schule; Themenzentrierte Elternabende; Aktivierende vermischte Schüler-Eltern-Lehrer-Workshops; Teilnahme der Eltern an Besuchen des BIZ; Mitwirkung der Eltern an Betriebspraktika.

Als aktueller Stand ist festzuhalten:

  • Informationsveranstaltungen machen den Großteil der elterneinbeziehenden Angebote aus (auch schriftliche Informationen; Elternabende).
  • Aktivierende Einbeziehung der Eltern in Umsetzung der Angebote findet selten statt.
  • „Nur“ ein Viertel der Befragten (Schule / Kooperationspartner) bietet zielgruppenspezifische Angebote an (8% Geschlechts-, 17% Migrationsspezifik).
  • An 80% der befragten Schulen liegt kein Konzept zur Elterneinbeziehung in die Berufsorientierung vor.

2. Zur Zufriedenheit der anbietenden Seite mit der Resonanz bei den Nutzer/innen:

100 % der befragten Schulen sind mit der Beteiligung der Eltern an den Angeboten sehr unzufrieden/weniger zufrieden; drei Viertel der befragten Kooperationspartner sind mit der Beteiligung der Eltern an den Angeboten sehr unzufrieden/weniger zufrieden

3. Die zentralen vermuteten Gründe für die wenig ausgeprägte Elterneinbeziehung sind:

  • Geringes Interesse der Eltern (Schule: n=10; Kooperationspartner: n=9)
  • Erwerbslosigkeit der Eltern (Schule: n=8; Kooperationspartner: n=7)
  • Sprachschwierigkeiten (Schule: n=8; Kooperationspartner: n=7)
  • Überfordernde Lebenssituationen (Schule: n=6; Kooperationspartner: n=6)
  • Ungünstige Erreichbarkeit, erschwerte Organisation von Kommunikation (Schule: n=4; Kooperationspartner: n=5)

4. Als die Elternaktivierung begünstigend wurde erkannt:

Kultur der Elternarbeit

  • Eltern müssen an Schule erwünscht sein; entgegenkommende Haltung
  • Frühzeitige / regelmäßige Einbindung in den Schulalltag
  • Informelle Angebote zur Kontaktaufnahme / Vernetzung (Elterncafe u.ä.)
  • Eltern Verantwortung für Aufgaben übergeben

Strukturell / inhaltlich

  • Zeitliche Ressourcen für Anbieterseite zur Verfügung stellen
  • Lehrkräfte durch externe Kooperationspartner unterstützen
  • Kooperationen mit längerfristiger Perspektive entwickeln
  • Tragfähige Konzeptionen, Stufenpläne, Leitfäden … erarbeiten (Mehrjahreswerk)

5. Zur Kooperation von Schule mit außerschulischen Partnern zeigen die Daten:

  • Eine modularisierte Form der Angebote scheint üblicher, obgleich die Einbeziehung in schulische Strukturen jedenfalls von den Partnern tendenziell gewünscht wird.
  • Nur ein Viertel der Kooperationen sind unbefristet angelegt.
  • Kooperationen kommen nicht immer durch auf Lagediagnosen und Schulentwicklungsprioritäten beruhender Planung zustande.
  • Lenkungsrunden unter Einbezug von Vertretern aller Beteiligtengruppen sind wichtige Garanten einer zielorientierten Arbeit.
  • Die Schulsozialarbeit ist bisher kaum in Angebote zur Berufsorientierung eingebunden.

6. Zusammenfassung

  • Die elternbezogenen Berufsorientierungsangebote sind ein Spiegel des aktuell wenig ausgeprägten Standes des generellen Verhältnisses und der insgesamt gering ausgeprägten Zusammenarbeit von Oberschule und Eltern.
  • Es werden von Schule und z. T. auch von Kooperationspartnern Erwartungen an Eltern formuliert, die von diesen in der Breite nicht erfüllt werden.
  • In der Aufrechnung von Aufwand und Ertrag gerät Elternaktivierung zu einem nachrangigen Engagementfeld.

Allerdings gibt es zwei „Typen“ von Schulen.
Typ 1 „Elterndistanzierte Schule“: Pessimistische Haltung auf Grund negativer Erfahrungsbilanz; Zurechnung des geringen Grades der Elternaktivität zu elterlichem Desinteresse; externe Partner werden nicht für Elternbezug verwertet.
Typ 2 „Kooperationsinteressierte Schule“: Nüchterne Bilanz, die aber kontextualisierende Erklärungen stärker gewichtet; auch selbstreflexive Ursachenzurechnung mit aktivierbarem eigenem Gestaltungspotential; Hoffnung, dass durch Einsatz von Kompetenz und Zeit neue inhaltliche Entwicklungen möglich sind

Nähere Informationen zur Studie sind über  http://www.perspektive-berufsabschluss.de/downloads/Downloads_Projekte_Uebergangsmanagement/Uebergangsmanagement_Berlin_100401_Expertise_Elternarbeit_Endversion_Gesamt.pdf verfügbar.