6/2011 - 9/2013 

Prof. Dr. Martina Stallmann / Prof. Dr. Karlheinz Thimm

Veröffentlichung:
Der Bericht mit Gegenstandsreflexion (Schule - Eltern - Berufsorientierung) und Ergebnissen der Untersuchung ist hier abrufbar. Eine Handreichung mit Gelingensfaktoren und Gute-Praxis-Beispielen ist hier abrufbar.

Auftraggeber

 

Der Auftraggeber möchte ungenannt bleiben (Mäzen). Das Projekt wurde gemeinsam mit dem Institut Praepaed e. V. in Münster durchgeführt.

Aufgabe

Familien- bzw. elternbezogene Angebote sind bisher nur vereinzelt am Standort Schule anzutreffen. Eine Familienbildungsprojekt in enger Zusammenarbeit von Schule und Sozialer Arbeit ist der Kurs „FuN. Berufs- und Lebensplanung“, das Aktivierungsimpulse im Übergang Schule – Beruf erzeugen will. Der Ansatz weist mehrere attraktive Merkmale auf:

  • Es geht mit dem Übergang an der ersten Schwelle um eine sehr relevante, biografisch und gesellschaftspolitisch zentrale Weiche.
  • Nicht Kinder und ihre Eltern, sondern die schwieriger erreichbare Gruppe der Jugendlichen und ihre Mütter und Väter sind Zielgruppen des Kurses.
  • Adressat/-innen sind dezidiert sogenannte einmündungsgefährdete Schüler/-innen und ihre Eltern.
  • Jugendliche und Eltern werden gemeinsam mit einem Format angesprochen.
  • Lehrkräfte und Sozialpädagog/-innen arbeiten im Tandem.

Die ungewöhnliche FuN-Kombination von Ziel-, Setting- und Zielgruppenfaktoren lässt begründet Hoffnung entstehen, die nachgewiesene Lücke im Zusammenspiel von Elternengagement und schulischer Berufsorientierung immerhin partiell und punktuell zu schließen.
Wir wollten in diesem Projekt vier Schritte gehen: erstens die theoretische Untersuchung der Rolle von Eltern im Prozess der Berufsorientierung, zweitens die Herausarbeitung von Kennzeichen erfolgreicher Praxisprojekte, drittens die Abbildung von interessanten durchgeführten Gute Praxis-Projekten und viertens die empirische Untersuchung von FuN-Kursen „Berufs- und Lebensplanung“.

 

Vorgehen/Methode

Die Evaluation der FuN-Kurse hatte sich das anspruchsvolle Ziel gesetzt, nicht nur eine Be­standsaufnahme zur Zufriedenheit am Ende der Kurse zu erstellen, sondern darüber hinaus­gehend die längerfristige Wirkung (im weitesten Sinne) der Kurse zu überprüfen. Im Unter­suchungsdesign war daher vorgesehen, einmalig Eltern zu befragen sowie die Aussagen der FuN-Jugendlichen mit denen einer Gruppe von Jugendlichen ohne FuN zu kontrastieren: Unterscheiden sich die Jugendlichen, die an FuN teilgenommen haben, von solchen ohne FuN? Und wie entwickeln sich die FuN-Jugendlichen im Zeitraum eines halben Jahres nach FuN bezogen auf ausgewählte Ziel­setzungen der Kurse?

 

Trotz Schwierigkeiten ist im Zeitraum von Sommer 2011 bis Ende 2012 eine Untersuchungsstichprobe von immerhin 207 ausgefüllten Fragebögen zusammengekommen; etwa die Hälfte (107 Bögen) kommt aus Befragungen am Ende der FuN-Kurse. Bei der zweiten Befragung, bei der nur Jugendliche einbezogen wurden, nicht aber die Eltern, konnten 26 ehemalige FuN-Jugendliche erreicht werden sowie weitere 19 Jugendliche, die sich nur undeutlich an FuN erinnern konnten oder sogar unsicher sind, je teilgenommen zu haben. Hinzu kommen 55 Jugendliche ohne FuN Teilnahme (Vergleichsgruppe).

 

Ergebnisse und Produkte

  • Evaluation mit zwei Messzeitpunkten und mit Kontrollgruppe: Was schätzen die Adressat/-innen (Eltern und Jugendliche) am Programm? Wie werden Effekte unmittelbar nach Kursende erlebt? Wie denken die Jugendlichen ein halbes Jahr nach Kursende?
  • Ein Fachtag in Berlin / Brandenburg zur Elternaktivierung im Übergang Schule – Beruf im August 2013
  • Bericht mit Gegenstandsreflexion (Eltern – Schule – Berufsorientierung), Ergebnissen der Untersuchung und Beispielen zur Elternaktivierung im Übergang Schule – Beruf (Lang- und Kurzversion)

 

Folgende zentralen Ergebnisse der empirischen Untersuchung können im Überblick festgehalten werden:
Am Ende des Kurses besteht bei fast allen Eltern wie auch Jugendlichen hohe Zufriedenheit mit dem FuN-Angebot, wobei die Jugendlichen etwas kritischer bewerten als die Eltern.
Die Eltern schätzen an FuN besonders, dass der Kurs Zeit und Anlass gegeben hat, mit den eigenen Kindern zusammen zu sein und mit anderen Eltern in Kontakt zu kommen. Den Jugendlichen gefallen besonders bestimmte Aktionen und Spiele während des Kurses. Der Imbiss, den sie für die Erwachsenen zubereiten, hat für sie eine besondere Bedeutung. Eine positive Bewertung sowohl von Eltern als auch von Jugendlichen erfährt auch die Art und Weise, wie sie von den Mitarbeiter/-innen angeleitet und unterstützt wurden.
Schwierigkeiten bereitet es Eltern wie Jugendlichen, sich die Zeit für die Teilnahme am FuN-Kurs frei zu halten; nicht wenigen ist die Dauer der Treffen zu lang. Viele Eltern geben an, sich auch nach dem FuN-Kurs mit anderen Eltern treffen zu wollen. Ob es allerdings tatsächlich zu solchen Treffen gekommen ist, bleibt offen.
Eltern und auch die Jugendlichen sind zum überwiegenden Teil davon überzeugt, aus den FuN-Kursen Positives und Neues mitgenommen zu haben. Etwa zwei Drittel sind der Auffassung, das Verhältnis zu ihren Kindern bzw. zu den Eltern sei besser geworden. Und auch im Abstand von einem halben Jahr sagen die FuN-Jugendlichen zu ca. 70 %, sie würden mehr über die berufliche Situation der Eltern wissen und sich seither mehr um ihre berufliche Ausbildung kümmern.

 

Verglichen mit diesen sehr positiven Bewertungen, die von der überwiegenden Zahl der Teilnehmer/-innen des FuN-Kurses vorgenommen werden, fallen die Ergebnisse zu den Wirkindikatoren „Berufswahlsicherheit“, „Berufswahlbezogene Selbstwirksamkeit“, „Elternunterstützung bei der Berufs- und Ausbildungswahl“ und „Elterliche Beziehung im Allgemeinen“ eher moderat aus. Tendenziell nimmt bei den FuN-Jugendlichen nach dem FuN-Kurs die Klarheit bei der Berufsorientierung leicht zu und die seit FuN erlebte Unterstützung bei der Berufsfindung durch die Eltern bleibt weitgehend bestehen. Eltern und Jugendliche scheinen sich etwas näher gekommen zu sein, zumindest bezogen auf Fragen zu Ausbildung und Beruf. Eine Distanz in Hinsicht auf die „ganz persönlichen Dinge“ bleibt allerdings recht gehäuft bestehen.
Im Vergleich von Jugendlichen mit und ohne FuN-Teilnahme sind nur leichte Unterschiede zu erkennen. Bei der Klarheit über den künftigen Beruf sind beide Gruppen etwa gleich auf. Und auch in der Beziehung zu ihren Eltern gibt es bei den FuN-Jugendlichen nur ein sehr geringfügig besseres Beziehungserleben.
Insgesamt legen die Ergebnisse nahe, dass der FuN-Kurs ganz überwiegend zu Zufriedenheit bei den beteiligten Eltern und Jugendlichen geführt hat. Eine Auswirkung des FuN-Kurses auf die familialen Beziehungen, die Einbeziehung der Eltern in die Entscheidungsphase der Be­rufswahl und damit verbunden eine Stärkung der Jugendlichen in dieser Lebensphase lässt sich in den Ergebnissen erkennen; die Effekte fallen allerdings moderat aus. Mit dem FuN-Kurs werden bei Eltern wie Jugendlichen Anstöße gegeben, die in der Zeit nach FuN nach­wirken können. Diese Impulse aufzunehmen, sie weiterzuführen und mit anderen Angeboten zu verknüpfen, stellt eine Aufgabe für alle Beteiligten dar.